Immer noch August 2018
Zum
ersten Mal gehe ich durch die verglaste Drehtür in das Gebäude, in dem sich das
Brustzentrum der Frauenklinik befindet und ahne nicht einmal, dass mich das
Gebäude die nächsten zwei Jahre nicht los wird.
Das Wartezimmer teile ich mir mit Frauen, die alle 30 bis 60 Jahre älter sind
als ich. Eine Frau sieht total blass und schwach aus, eine andere trägt eine Mütze
um ihre Glatze zu bedecken. An der Wand sehe ich Flyer mit Aufschriften wie
"Leben mit Krebs", "Starke Frauen im Kampf gegen
Brustkrebs" und "Jung und Krebs". Ich bekomme ein mulmiges
Gefühl und frage mich zum ersten Mal, was ich mit meinen 19 Jahren hier
eigentlich zu suchen habe.
Im Behandlungsraum lerne ich meinen Arzt kennen.
Auch er kann weder beim Abtasten, noch beim Ultraschall etwas auffälliges
erkennen, macht jedoch Abstriche der Sekretion, damit diese im Labor untersucht
werden können.
Ich werde weiter in die Radiologie geschickt. Normalerweise würde man jetzt
eine Galaktographie machen. Dabei wird Kontrastmittel in den auffälligen
Milchgang gespritzt und anschließend eine Röntgenaufnahme gemacht. Da ich
allerdings noch so jung bin, wollen mich die Ärzte nicht den Röntgenstrahlen
aussetzen. So durchsucht die nächste Ärztin mit dem Ultraschallgerät meine
Brüste und die Region der Lymphknoten nach Auffälligkeiten. Sie entdeckt eine
kleine Stelle an einem Milchgang und schlägt vor, eine ultraschall-gesteuerte Stanzbiopsie zu machen.
Zu diesem Zeitpunkt denke ich, dass diese Stanzbiopsie, also eine kleine
Probeentnahme mit örtlicher Betäubung, die eigentlich völlig unspektakulär ist,
die krasseste Untersuchung meiner Brüste wird. Ha ha.
Ich lasse also diese Biopsie über mich ergehen und vereinbare einen neuen
Termin im Brustzentrum zur Besprechung der Ergebnisse.
Long story short: keine auffälligen Befunde. Weder bei den Abstrichen, noch bei
der Biopsie.
Das ist nicht sooo ungewöhnlich und daher wird mir die erste Operation empfohlen. Eine kurze OP, namens Duktektomie. Dabei wird zuerst Kontrastmittel durch die
Brustwarze in den Milchgang gespritzt wird, aus dem die Sekretion kommt. Danach soll die Brust aufgeschnitten und der verfärbte Milchgang entnommen werden. Ein Milchgang mehr oder weniger wird mein Leben nicht großartig beeinflussen, also entscheide ich mich für die Operation.
Inzwischen sind wir im September 2018.
Das Ergebnis der OP: kein Befund.
Meine Aufgabe in den nächsten Monaten: Beobachtung.
Wenn weiterhin Flüssigkeit
aus der Brustwarze kommt, soll ich mich wieder vorstellen.